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Österreich
01.04.2021

Studierende mit Herz für die Notfallmedizin

Leben retten kann jeder - nichts tun ist der einzige Fehler! Unter diesem Motto macht der Linzer Verein SINUS darauf aufmerksam, wie wichtig Ersthilfe im Notfall ist. 

Im Verein SINUS, kurz für studentische interdisziplinäre notfallmedizinische Union Linz, engagieren sich 11 Studierende der JKU Linz für mehr Wissen über Notfallmedizin. In Zeiten von Corona reagierten sie kreativ: Mit „Emergency Zoom“, einer interaktiven online Fallbesprechung mit OA Dr. Matthias Kölbl, Leiter der Notaufnahme des Ordensklinikum Linz Elisabethinen, erreichen sie mittlerweile über 600 Studierende und Mitglieder der Rettungsdienste aus dem ganzen deutschsprachigen Raum.

"Ich finde es toll, dass Studierende in einer Krisenzeit etwas umsetzen möchten, das auch zum Wohl ihrer Mitstudierenden ist", sagt Matthias Kölbl.

„Wir hatten für den Herbst viele Initiativen geplant, doch dann waren wir wieder daheim und im distance learning“, berichtet Medizinstudent Thomas Kloimstein, Gründer des Vereins SINUS. „Leider geht bei distance learning viel Qualität verloren. Deshalb kamen wir auf die Idee für eine praxisbezogene, interaktive Fortbildung über Zoom.“ Zwei „Emergency Zooms“ legten den Fokus bereits auf die Themen Atemnot und Ohnmachtsanfälle in der Notfallmedizin. Durch die Themen führt Matthias Kölbl, sein Ruf für interessante Fortbildungen eilte ihm voraus. „Um die Studierenden auch während Corona bei Lehre und bei Laune zu halten, dachte ich mir – wieso nicht! Ich finde es toll, dass Studierende in einer Krisenzeit etwas umsetzen möchten, das auch zum Wohl ihrer Mitstudierenden ist.“ 

Emergency Zoom: Der Notfall im Fokus

Nach einer kurzen Theorieeinführung begleitet Kölbl die Teilnehmenden durch einen realen Fall aus der Notaufnahme. Die Teilnehmenden können „mitraten“, was die Ursache ist und welche Maßnahmen gesetzt werden sollten. „Nach Symptomen und Vitalparametern sollen die Studierenden mitentscheiden: An welche Diagnose sollte man denken, welche Untersuchungen würde man anschließen, welche Therapie steht im Vordergrund? Nach diesem mosaikartigen Weg durch den Fall löse ich den Fall am Schluss auf.“ Über eine Quiz-App können die Studierenden Punkte sammeln, neben der Freude am Rätseln gibt es schließlich auch drei Preise.

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„Emergency Zoom“ übertraf die Erwartungen des Vereins. „Ursprünglich hatten wir nicht mit viel Interesse gerechnet, wir dachten, vielleicht nehmen 40 Leute daran teil. Aber mit dem Format haben wir den Zahn der Zeit getroffen: beim ersten Emergency Zoom waren knapp 250 Leute dabei, beim zweiten bereits 630“, berichtet Kloimstein, mittlerweile wird gleich über YouTube gestreamt. Die Teilnehmenden kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum – und aus den unterschiedlichsten Disziplinen. Neben Medizinstudierenden nehmen auch diplomierte Pflegekräfte, Mitarbeitende des Notfallrettungsdienst und TurnusärztInnen an Emergency Zoom teil, erklärt Kölbl. „Gerade für die Notfallrettungsdienste ist es spannend, denn sie bringen uns zwar häufig die Patientinnen, bekommen aber meistens kein Feedback, was danach passiert.“ 

"Mit dem Format haben wir den Zahn der Zeit getroffen", meint Thomas Kloimstein.

Die nächste Folge „Emergency Zoom“ ist bereits in Planung, außerdem möchte SINUS das Format auch auf weitere medizinische Fachbereiche ausweiten, erklärt Kloimstein. „Augenheilkunde etwa ist ein Fach, das wenige Studierende belegen, aber manche Themen in diesem Bereich muss man für den Notfall kennen – das kann man hier aufarbeiten.“ Auch Kölbl möchte die Initiative, die vom Ordensklinikum durch Technik und Raum für die Aufzeichnung unterstützt wird, weiter fördern. „Wir können als Spital zeigen, dass wir innovativ sind und Studierenden die Möglichkeiten geben, praktisch zu lernen. Gerade in diesen Zeiten!“ 

Leben retten ist einfach

Langfristig möchte Kloimstein mit den Projekten von SINUS eine Verbesserung der notfallmedizinischen Versorgung in Oberösterreich erreichen. „Zum einen möchten wir als Medizinstudierende gerüstet sein. Andererseits möchten wir dazu beitragen, dass auch andere für den Notfall gerüstet sind. Denn in Österreich fangen nur 15-20% derer, die zu einem Herzkreislaufstillstand hinzukommen, mit der Reanimation an. In Norwegen liegt die Quote bei 80%. Die Zeit, die in Österreich bei der Reanimation verschwendet wird, kann auch der beste Notarzt nicht mehr einholen.“

Die Idee für den Verein SINUS kam Kloimstein, als er in Graz sein Studium startete und am Reanimationsprojekt „Drück mich“ teilnahm. „Zurück in Linz merkte ich, dass es hier kein ähnliches Projekt gibt. Daher starteten wir 2019 als erstes Projekt die Initiative Herzschlag.“ Das Projekt, das am „Tag der Wiederbelebung“ Passanten zum Notfall-Training einlud, fand Anklang und Unterstützung. „Es meldeten sich viele, die in Linz als Studierende etwas bewegen möchten und partizipieren wollen.“ Im März 2020 wurde der Verein SINUS schließlich gegründet, im Herbst 2020 setzte SINUS die Notfall-Trainings am Tag der Wiederbelebung noch offline in einer „Corona-Variante“ um. Dann kam der Schwenk zur online-Fortbildung.

Auch das nächste Projekt des Vereins ist schon gestartet. In Zusammenarbeit mit dem Samariterbund Oberösterreich wird ein Rettungsdienstpraktikum für Linzer MedizinstudentInnen angeboten. Unter dem Motto „Blaulicht und Notfallsituationen statt Lehrbücher und Prüfungssimulationen“ können Studierende nach einem Workshop – und sobald es die Corona Schutzbestimmungen zulassen – Schnupperdienste im Linzer Rettungsdienst absolvieren.

Text: Sophie Fessl

Matthias Kölbl, Dr.

Leiter der Notaufnahme des Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Kölbl studierte Humanmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Seine Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin absolvierte der gebürtige Linzer im Krankenhaus Elisabethinen Linz. Seit 2016 ist er Abteilungsleiter der Notfallambulanz des Ordensklinikums Linz Elisabethinen, seit 2019 auch Abteilungsleiter der neugegründeten Akutstation am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. 

Thomas Kloimstein,

Gründer des Vereins SINUS

Kloimstein leistete seinen Zivildienst im Pflegebereich im UKH Linz, diese Erfahrung motivierte ihn zum Medizinstudium. Von Anfang an faszinierte ihn die Versorgung von Notfallpatienten, er absolvierte parallel zum Medizinstudium an der Medizinischen Universität Graz die Ausbildung zum Rettungssanitäter. Nach zwei Jahren des Medizinstudiums in Graz kehrte Kloimstein nach Linz zurück, wo er als Medizinstudent im 5. Jahr auch im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz in der Versorgung von Covid-Patienten arbeitet. 

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