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Gesundheit
Österreich
11.06.2019

Seriöse Selbsthilfe für Krebspatienten

Patienten von heute sind mündige Konsumenten von Gesundheitsdienstleistungen. Sie möchten sich aktiv um ihre Gesundheit kümmern, auch nach einer Krebstherapie. Vertrauenswürdige Hilfe kommt jetzt in Form der neuen Website www.selbertun.at.

Die Gesundheitssysteme westlicher Industrieländer sind hochentwickelt. Dennoch verzeichnen komplementäre Heilmethoden außerhalb der Schulmedizin einen enormen Boom. Dabei istes für Patienten oft schwierig, einzelne Angebote im rasant wachsenden Gesundheitsmarkt zu beurteilen. Während sich Gegner alternativmedizinischer Ansätze immer wieder in Stellung bringen, sehen andere den Trend differenzierter. Für Universitätsdozent Dr. Ansgar Weltermann ist die Mündigkeit des Patienten eine wichtige Triebfeder dieser Entwicklung.

Patient fordert ganzheitliche Betrachtung

„Der Patient hat sich emanzipiert, und das ist ganz wichtig. Er fordert viel klarer als früher ein, dass seine Krankheit ganzheitlich betrachtet wird“, sagt Weltermann. Der Onkologe leitet das Zentrum für Tumorerkrankungen der Barmherzigen Schwestern in Linz – eine eigene Abteilung, die gegründet wurde, um neben der medizinischen Versorgung auch eine ganzheitliche Betreuung der Patienten zu gewährleisten.

Im Fall eines an Krebs erkrankten Patienten zählt neben der onkologischen Therapie auch die Nachsorge zu den wichtigen, gesundheitsfördernden Maßnahmen. Mit der neu gelaunchten Website selbertun.at finden Krebspatienten darin die Möglichkeit, nach Abschluss ihrer Therapie selbst aktiv zu werden und sich einen Überblick über seriöse Angebote zu verschaffen. Für Sigrid Miksch, die Initiatorin und Projektleiterin des Portals, ist diese Phase für Patienten besonders heikel.

Angebot mit Gütesiegel

„Während der eng getakteten Krebstherapie geht es für die Patienten in erster Linie ums Überleben“, sagt Miksch, die im Management des Ordensklinikums tätig ist. „Wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen werden, fallen sie oft in ein Loch, da ihnen der Ansprechpartner für die Weiterbetreuung fehlt. Sie beginnen ihre Krankheit aufzuarbeiten und bei der Suche nach einer Neuorientierung kann es passieren, dass sie in die Hände fragwürdiger Anbieter geraten.“ Mit falschen Heilungsversprechen werde aus den Ängsten der Patienten leider oft Kapital geschlagen.

Davor soll das neue Portal mit dem online abrufbaren Expertennetzwerk schützen. Auf selbertun.at sind Berater und Therapeuten vertreten, die ein breites Spektrum an Bereichen abdecken – von Ernährung, Physiotherapie, Seelsorge und Psychotherapiebis hin zum komplementärmedizinischen Angebot. Patienten können sich über abrufbare Videobotschaften ein persönliches Bild der einzelnen Anbieter machen und mit ihnen in Kontakt treten.

„Alle Experten aus unserem Netzwerk verfügen über eine berufsspezifische Ausbildung in Onkologie, die meisten haben sie in unserer eigenen Krebsakademie absolviert“, versichert Projektleiterin Sigrid Miksch.

Dabei können die Menschen, die eine Krebserkrankung hinter sich haben, auf eine Art Gütesiegel vertrauen. „Alle Experten aus unserem Netzwerk verfügen über eine berufsspezifische Ausbildung in Onkologie, die meisten haben sie in unserer eigenen Krebsakademie absolviert. Das heißt, sie wissen genau über die medizinischen und psychosozialen Aspekte einer Krebserkrankung Bescheid“, versichert Miksch. Dadurch könnten sie zum Beispiel auftretende Langzeitfolgen der Krebstherapie rechtzeitig erkennen und sie entsprechend an die Klinik zurück verweisen.

Heilung aktiv fördern

Eine Garantie, gesund zu bleiben, kann mit den geprüften Experten freilich nicht gegeben werden. Für Weltermann kommt allerdings dem Aktivwerden des Patienten eine wesentliche Rolle im Heilungsprozess zu. „Wer in eine aktive Haltung kommt, beginnt mit der Erkrankung umzugehen und sie anzunehmen. Wir wissen beispielsweise, dass Sport die Tumorrückfallrate positiv beeinflussen kann. Aber wichtig ist, dass der Patient selbst spürt, ‚was tut mir gut?‘“, so der Onkologe.

Mit dem breit gefächerten Angebot des neuen Portals können Patienten in der Nachsorgephase Körper, Geist und Seele stärken. Große Bedeutung kommt auch dem Austausch in diversen Selbsthilfegruppen zu, die auf der Website gebündelt werden. Koordiniert werden sie von der Krebsakademie des Zentrums für Tumorerkrankungen. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, im stetig wachsenden onkologischen Netzwerk Experten und Patienten auf Augenhöhe miteinander zu verbinden.

Text: Gertraud Gerst

Sigrid Miksch, Msc.

Leiterin des Gesundheitspark-Managements der Vinzenz Gruppe Service GmbH; Leiterin des Kompetenzfeldes Future Health

Sigrid Miksch war von 2007 bis 2013 Mitarbeiterin in der Kommunikationsabteilung des Ordensklinikums Linz Barmherzige Schwestern. 2013 begann sie mit dem Aufbau des Servicebereichs „Zuweiserbeziehungsmanagement und Marketing“ und leitete diesen bis 2021. Zusätzlich übernahm sie 2017 den Aufbau des Gesundheitsparks Barmherzige Schwestern Linz und leitete diesen bis Ende Juni 2024. Sie ist seit 2021 Leiterin des Gesundheitspark-Managements der Vinzenz Gruppe Service GmbH. Außerdem leitet sie hier das Kompetenzfeld Future Health und den Ausbau der Gesundheitsparks.

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