Erstes PVZ in Linz eröffnet
Während andernorts die hausärztliche Versorgungslücke klafft, wird sie in Linz ein Stück weit geschlossen. Ein engagiertes Ärzteteam gründet ein neues Primärversorgungszentrum, das die Solidarität im Gesundheitswesen auch in Zukunft sicherstellen soll.
Der Gesundheitssektor steht vor einem akuten Problem. Die Alterung der Gesellschaft und der in Folge steigende Bedarf an Gesundheitsleistungen trifft auf eine wachsende Versorgungslücke, ausgelöst durch die anstehende Pensionierungswelle von niedergelassenen Ärzten. In vielen Regionen Österreichs können Kassenarztstellen schon jetzt nicht nachbesetzt werden. Eine dieser Lücken wird nun von einem engagierten Ärzte-Team in der Linzer Innenstadt geschlossen.
Thomas Nenning (35), Katrin Einwagner (36), Paul Schimmerl (35) und Herbert Forstner (35) haben sich zusammengetan, um in der Linzer Stifterstraße das erste Primärversorgungszentrum (PVZ) der Stadt zu gründen. Mitte Oktober 2020 eröffneten die „Hausärzte am Domplatz“ ihre Ordinationen. Sie übernehmen mit ihrer Gemeinschaftspraxis drei Vertragskassenstellen und reagieren damit auf den Hausärztemangel im Linzer Stadtzentrum.
Mehrbelastung für Ambulanzen
Ein örtlicher Versorgungsnotstand, den bislang vor allem die umliegenden Spitäler zu spüren bekamen. „Die Krankenhaus-Ambulanzen federn aktuell den Mangel aus dem niedergelassenen Bereich ab. Insofern ist es sehr gut, dass nun drei Kassenstellen für Allgemeinmedizin mit den Hausärzten am Domplatz dazu kommen“, bekräftigt Sigrid Miksch vom Ordensklinikum Linz, die gemeinsam mit Franz Kastner die Jungmediziner in der Gründungs- und Aufbauphase begleitet.

Eingemietet ist das neue PVZ in Räumlichkeiten des Ordensklinikum Linz, wirtschaftlich und organisatorisch ist es jedoch unabhängig davon. Die Praxisgründer kennen sich bereits aus Studienzeiten und haben mehrere Jahre gemeinsam in der Notaufnahme der Barmherzigen Schwestern gearbeitet.
PVZ bringt Vorteile für Ärzte und Patienten
Dass einzelne Vertragskassenstellen schwer nachzubesetzen sind, liegt oft am hohen administrativen Aufwand und einer schweren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dagegen bietet ein Primärversorgungszentrum sowohl für Ärzte als auch für Patienten einige Vorteile, sind die Jungärzte überzeugt.
„Ein PVZ in der Form, wie es in der Stifterstraße entsteht, könnte für junge MedizinerInnen durchaus eine attraktive berufliche Perspektive sein“, findet Herbert Forstner. „Man ist kein ‚Einzelkämpfer‘, sondern arbeitet stattdessen in einem interprofessionellen Team zusammen, was insbesondere junge Menschen anspricht.“
In dem neuen Ärztezentrum werden Patienten nicht nur allgemeinmedizinisch betreut, sie haben zudem die Möglichkeit, Angebote zur Vorsorge, Therapie und Nachsorge wahrzunehmen. Neben Physio- und Ergotherapie werden unter anderem auch Fachkräfte für die Bereiche Pflege, Klinische Psychologie, Diätologie und Sozialarbeit vertreten sein.
Solidarität und Modernisierung im Fokus
Ein wichtiger Grundgedanke, der die vier Mediziner eint, ist die Wahrung der Solidarität im österreichischen Gesundheitswesen. Menschen aller Gesellschaftsschichten sollen Zugang zu einer basismedizinischen Versorgung haben. „Das Konzept der Primärversorgung ist gekennzeichnet durch eine hohe Patientenorientierung, einem breiten Leistungsangebot sowie einem niederschwelligen Zugang zu einem solidarischen Gesundheitssystem“, erklärt Paul Schimmerl die Argumente, die zur Gründung des PVZ geführt haben.
Dass die Bereiche Gesundheitsförderung und Prävention Teil des Gesamtangebots sind, habe die Mediziner von Anfang an begeistert. „Deswegen möchten wir unseren Teil zur Modernisierung des Gesundheitssystems beitragen und diesen neuen, patientenorientierten Zugang zur Allgemeinmedizin mitgestalten“, so Schimmerl.
Modernisierung bedeutet auch eine flexible Arbeitszeitgestaltung. Die vier Ärzte teilen sich drei Vertragskassenstellen, was eine Arbeit in Teilzeit möglich macht. Das sorgt für eine ausgeglichene Work-Life-Balance, und den Medizinern bleibt mehr Zeit für die Familie. Diese Art des beruflichen Zusammenschlusses hat außerdem den Vorteil, dass sich die Hausärzte bei Bedarf gegenseitig vertreten können.
Ganzheitliche Patientenbetreuung
Schon beim Erstgespräch kann der Patient dort abgeholt werden, wo er steht. Studien zufolge hat ein beträchtlicher Teil aller Arztbesuche keine rein medizinischen Gründe. Oft sind es soziale Faktoren wie Einsamkeit oder ein Mangel an Bewegung, die einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben. „Mit dem breiten Angebot eines PVZ können die Patienten auf einer ganzheitlichen Ebene untersucht und betreut werden“, erklärt Thomas Nenning.
Durch die erweiterten Öffnungszeiten haben Patienten an allen Wochentagen Zugang zu medizinischer Betreuung. Der unmittelbare Austausch der Ärzte untereinander und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den anderen Fachkräften sorge für einen Synergieeffekt und letztlich auch für eine hohe Qualität der Patientenbetreuung, sind die Mediziner überzeugt.
Nähere Informationen: www.hausaerzte-domplatz.at
Im Bild: Die Hausärzte vom neuen PVZ in Linz (v.l.n.r.): Dr. Thomas Nenning, Dr. Katrin Einwagner, Dr. Paul Schimmerl und Dr. Herbert Forstner.
Text: Gertraud Gerst, Bilder: Wolfgang Lehner