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Gesundheit
Österreich
10.03.2021

Krebs und Corona

KrebspatientInnen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19 Verlauf. Trotzdem sollten Therapien fortgeführt werden, wenn auch teilweise in veränderter Reihenfolge, erklärt Dr. Ansgar Weltermann, Leiter des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz.

PatientInnen mit Krebserkrankung haben ein etwa zweifach erhöhtes Risiko, bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden. „Dieses erhöhte Risiko resultiert aus der Erkrankung selbst, der Therapie und möglichen Begleiterkrankungen“, berichtet Prim. Dr. Ansgar Weltermann, Leiter des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz sowie Leiter des Tumorzentrums Oberösterreich. „Gerade bei Krebspatientinnen und -patienten, deren Immunsystem geschwächt ist, ist eher ein schwerer Verlauf einer Covid-19 Infektion zu erwarten. Daher müssen wir Krebspatientinnen ganz besonders vor einer Ansteckung schützen.“ 

Doch Weltermann erlebt auch seit nun fast einem Jahr, dass Krebspatientinnen und -patienten sich sehr bewusst verhalten: „Die Zahl der infizierten Krebspatienten auf den Intensivstationen ist daher nicht dramatisch höher, das heißt, sie schützen sich sehr gut.“ Gleichzeitig besteht aber gerade bei Krebspatientinnen und -patienten oftmals ein Bedürfnis nach Nähe zu anderen Menschen – das mit Videokonferenzen und WhatsApp nicht ausreichend gestillt werden kann. „Wir müssen diese Balance gut hinbekommen: Einerseits der Schutz vor einer risikoreichen Infektion, andererseits Zulassen der Nähe in einer kritischen Lebensphase. Hier ist es schwer, gute Empfehlungen zu geben.“

Klare Empfehlungen gibt es aber mittlerweile dafür, was zu tun ist, wenn KrebspatientInnen trotz aller Schutzmaßnahmen an Covid-19 erkranken. Onkopedia, das Leitlinienportal der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Onkologie, empfiehlt, wie die Therapien je nach onkologischer Erkrankung angepasst werden können. „Wir orientieren uns stark an diesen fortlaufend aktualisierten Empfehlungen, die auch beschreiben, wie bei einer symptomatischen Erkrankung vorgegangen werden soll und wann eine Therapie wieder aufgenommen werden kann.“ 

Therapie-Pause bei Infektion

Wenn möglich wird bei einer Covid-Erkrankung die Therapie pausiert, bis die Infektion vollkommen abgeklungen ist. Doch das kann dauern, weiß Weltermann. „Typischerweise ist die Infektion nach zwei oder drei Wochen vorbei. Bei hämatologischen Erkrankungen mit ausgeprägter Immunsuppression kann das Virus jedoch viele Wochen aktiv nachweisbar sein. Erst wenn der Covid-Test wieder negativ ist, kann die Therapie wieder gestartet werden.“ 

Doch auch für nicht an Covid-19 erkrankte KrebspatientInnen ändert sich derzeit zum Teil der Therapieablauf. „In allen Situationen, in denen es um eine Heilung geht, versuchen wir, die Therapie in der Intensität aufrechtzuerhalten, bei der die optimale Heilungschance besteht.“ Allerdings wird teilweise die Reihenfolge der Therapien umgestellt, so dass Patienten und Patientinnen zunächst eine Chemotherapie erhalten, bevor sie operiert werden. „Wenn Operationen verschoben werden können, ohne dass der Patient einen Nachteil erlebt, dann machen wir das. Damit erreichen wir, dass es bei hohen Infektionszahlen genügend Plätze auf den Intensivstationen gibt, wo sonst unsere Patienten nach der Operation betreut werden.“ Diese Option besteht allerdings nur für Patientinnen und Patienten, für die trotz anderer Reihenfolge eine optimale Therapie gegeben ist.

Auch in der onkologischen Ambulanz mussten die Abläufe aufgrund von Covid-19 verändert werden, manche Aspekte der Betreuung wurden in die Online-Welt verlagert. „Wir haben öfters mit Patienten telefoniert oder auch Videokonferenzen mit ihnen abgehalten. Aber es funktioniert nicht alles über Video: Auch eine Blutabnahme muss mal sein, aufgrund des Infektionsrisikos aber in erweiterten Abständen“, berichtet Weltermann. 

Müssen Patienten und Patientinnen mit onkologischer Erkrankung in die Ambulanz, so erwarten sie jetzt (noch) kürzere Wartezeiten. „Neben Tragen einer FFP-2 Maske versuchen wir möglichst wenige Patienten gleichzeitig im Wartezimmer zu haben, halten die Kontaktzeiten kurz, lüften zwischen den Patienten, intensivieren die Wischdesinfektion“, versichert Weltermann. „Wenn das eingehalten wird, ist das Infektionsrisiko gering.“ Weltermann ist es wichtig zu betonen: „Auch in der Pandemie hat sich die hervorragende Betreuung unserer Patientinnen und Patienten nicht verschlechtert.“

Text: Sophie Fessl, Bild: depositphotos.com

Ansgar Weltermann, Univ. Doz. Dr. med.

Leiter der 1. Abteilung Hämatologie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen

Der Facharzt für Hämatologie und Onkologie ist seit 2019 Leiter des Tumorzentrums Oberösterreich sowie des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz. Hauptaufgabe ist die Förderung und Weiterentwicklung eines spitals- und trägerübergreifenden onkologischen Netzwerks, welches von einer multiprofessionellen Zusammenarbeit der Fachexpertinnen und Fachexperten aus den beteiligten Spitälern lebt. Sein langjähriger Forschungsschwerpunkt war das Thema der venösen Thrombosen, die gerade bei Krebserkrankungen gehäuft auftreten.

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