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Österreich
10.10.2019

Erste Reha nur für Kinder

In Oberösterreich wurde die erste österreichische Reha-Klinik eröffnet, die ausschließlich Kindern und Jugendlichen gewidmet ist. Kokon nennt sich die Einrichtung, und der Name ist hier Programm.

Eine holzvertäfelte Wand, viel Licht, das durch eine großflächige Fensterfront dringt und gemütliche weiße Möbel, die sich baukastenmäßig verschieben lassen. Nach Krankenhaus sieht es hier nicht aus, und das soll es auch nicht. Die neue Rehaklinik Kokon in Rohrbach-Berg ist die erste Einrichtung in Österreich, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreut. Damit schließt sie eine große Versorgungslücke. Für die rund 5.000 schwer kranken Kinder in Österreich gibt es derzeit nur fünf Rehaeinrichtungen.

Nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit konnten Kinder in Österreich oft nicht ausreichend versorgt werden. „Bisher war die Situation für alle Betroffenen in Österreich mehr als unbefriedigend“, sagt Claus Brunner, Geschäftsführer von Kokon Rohrbach-Berg. „Abgesehen von der geringen Anzahl an Rehabetten, wurden die jungen Patinnen und Patienten gemeinsam mit Erwachsenen betreut, was eine kindgerechte Versorgung sehr erschwerte. Dabei ist der stationäre Reha-Aufenthalt ein enorm wichtiger Schritt in Richtung mehr Lebensqualität.“

Auch bei den Gebietskrankenkassen war man sich der Notlage bewusst. Fallweise habe man sogar Kinder zur Reha nach Deutschland schicken müssen, wie beim Spatenstich für die zweite Kinder-Reha-Klinik von Kassenvertretern geschildert wurde. Mitte Oktober wird eine weitere Kokon-Zweigstelle im niederösterreichischen Bad Erlach eröffnet.

Kinder gesunden anders

So wie sich die Raupe in ihrem schützenden Kokon zu einem Schmetterling entwickelt, so versteht sich die neue Reha-Klinik als geschützten Bereich, in dem sich alle bestmöglich entfalten können. „Wenn Kinder und Jugendliche mit schweren Beeinträchtigungen oder Erkrankungen leben müssen und schon viele Krankenhausaufenthalte hinter sich haben, ist eine angstbefreite und liebevolle Umgebung in der Reha besonders wichtig“, sagt Brunner. „Es soll sich ja nicht nur der Körper erholen und gesund werden, sondern auch die Seele.“ Darum erinnert in dem ganzen, circa 5.500 Quadratmeter großen Kokon so wenig wie möglich an eine Klinik.

„Es soll sich ja nicht nur der Körper erholen und gesund werden, sondern auch die Seele", meint Claus Brunner, Geschäftsführer von Kokon Rohrbach-Berg.

Die Zimmer sind hell und freundlich, die Möbel leicht und bequem verstellbar. Alle Lampen lassen sich dimmen und liefern damit sowohl für Untersuchungen als auch für ein wohliges Wohnambiente das richtige Licht. Deko-Elemente wie Steckwände für eigene Erinnerungsstücke sind je nach Alter individualisierbar. Einige Zimmer verfügen über eine Durchgangstür in einen benachbarten Raum und können so zu einem großen Apartment für die ganze Familie erweitert werden.

Therapie für die ganze Familie

Bei Erkrankungen von Kindern ist oft die ganze Familie betroffen, daher werden die begleitenden Eltern auch in die Therapie miteinbezogen. Sie erhalten psychologische und psychotherapeutische Unterstützung und können sich in eigenen Elterngruppen austauschen. „Uns ist es ein besonderes Anliegen, vor allem auch die Eltern aufzufangen und gut zu begleiten“, betont Brunner.

Eine mehrwöchige stationäre Reha ermöglicht einen umfassenden Blick auf die gesundheitliche Gesamtsituation. Die möglichst alltagsnahe Situation mit der Familie ist für eine erfolgreiche Therapie besonders wichtig. „Reha findet bei uns immer statt, also auch in der Freizeit, beim Essen und beim Spielen. Immerhin geht es darum, den Alltag für die jungen Menschen und deren Familien zu erleichtern. Häufig sind es die kleinen Verbesserungen, die den größten Nutzen bringen“, so der Kokon-Geschäftsführer.

Zugang ohne bürokratische Hürden

Seit der Planung der neuen Kinder-Reha-Zentren stand vonseiten der Entscheidungsträger fest, dass der Zugang zu diesem Angebot möglichst niederschwellig sein soll. Die Zuweisung kann sowohl von niedergelassenen MedizinerInnen als auch von FachärztInnen und Krankenhäusern erfolgen. Das Antragsformular können die Eltern direkt auf der Homepage www.kokon.rehab herunterladen und beim zuständigen Sozialversicherungsträger einreichen. Nach der Bewilligung nimmt die Klinikleitung innerhalb von zwei Wochen Kontakt mit der Familie auf.

Vor wenigen Wochen sind die ersten PatientInnen und deren Familien in Rohrbach-Berg eingetroffen. „Der Start hat gut geklappt, und die Kinder und ihre Eltern haben sich bereits gut eingelebt. Wir freuen uns jetzt, dass sich unser Haus mit Leben füllt“, schwärmt Brunner. In Summe verfügt die Reha-Klinik Kokon in Rohrbach-Berg über 77 Betten für die Kinder und 67 für ihre Begleiter. Versorgt werden sie von 110 Mitarbeitern, die in der Betreuung und Behandlung der Minderjährigen geschult sind.

Text: Gertraud Gerst; Bild: Kokon

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