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Gesundheit
Österreich
04.07.2019

Umfassend gestalten, bewusst haushalten

Seit 2011 ist Thomas Muhr stellvertretender ärztlicher Leiter gewesen, im Mai wurde er zum ärztlichen Leiter des Klinikums Wels-Grieskirchen ernannt. Im Interview steckt er seine ersten Ziele für die neue Tätigkeit ab.

Welche Chancen und Herausforderungen bietet Ihre neue Funktion?

Thomas Muhr: Ich freue mich über die Möglichkeit des Gestaltens im größten Ordensspital Österreichs und die Chance, unser umfassendes Leistungsangebot zum Wohle der Patienten weiterzuentwickeln. Sehr hilfreich sind dabei das gute, konstruktive Klima im Direktorium und die hochqualifizierten, engagierten 3.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Herausfordernd wird das Haushalten mit den verfügbaren budgetären Mitteln angesichts des rasch wachsenden medizinischen Fortschritts und der demographischen Entwicklung. Eine weitere Herausforderung ist es, die Ausbildungsqualität der Ärzte zu verbessern, obwohl die gesetzlich vorgeschriebene maximale Wochenarbeitszeit ab 2021 auf 48 Stunden sinken wird.

Und welche Risiken sehen Sie?

Aufgrund der Attraktivität des Jobs muss man sicher darauf achten, sich selbst manchmal auch Freiraum und Freizeit zuzustehen.

Für eine solche Funktion sind Weiterbildungen im Qualitätsmanagement mittlerweile unerlässlich. Dadurch tritt andererseits die medizinische Tätigkeit in den Hintergrund. Sie bleiben weiterhin stellvertretender Vorstand der Radiologie. Wie sieht das Verhältnis zwischen diesen beiden Bereichen bei Ihnen aus?

Mein Arbeitsalltag beginnt mit der Morgenbesprechung in der Radiologie. Im Institut habe ich auch einige organisatorische Aufgaben über. So bin ich beispielsweise für Studien verantwortlich. Die Vertretungstätigkeit des Institutsleiters sowie eines meiner Spezialgebiete – die Radiofrequenztherapie von Tumoren – bereiten mir viel Freude. Natürlich nimmt die Tätigkeit als ärztlicher Direktor einen Großteil meiner Arbeitszeit in Anspruch, aber ich halte es für wichtig, im Klinikalltag weiterhin integriert zu sein.

„Herausfordernd wird das Haushalten mit den verfügbaren budgetären Mitteln angesichts des rasch wachsenden medizinischen Fortschritts und der demographischen Entwicklung.“

Sie sind schon seit vielen Jahren auch als Kurienmitglied in der Ärztekammer für Oberösterreich tätig. Wie stark können Sie hier mitwirken?

In den vergangenen Jahren sind durch das Engagement vieler Personen und durch neue gesetzliche Rahmenbedingungen deutliche Verbesserungen für die Spitalsärzte in Oberösterreich erreicht worden. Dabei denke ich vor allem an die Reduktion der maximalen Arbeitszeit und an die leistungsbezogene Honorierung von Überstunden. Seit Jahren bin ich Mitglied im Verhandlungsteam für Sonderklassegebühren der Ärztekammer für Oberösterreich und hier für die diagnostischen Fächer zuständig – eine immer wieder herausfordernde, aber sehr spannende Tätigkeit.

Besonders wichtig ist mir die Ausbildung unserer jungen Kolleginnen und Kollegen. Einerseits braucht es realistische Ausbildungsziele, andererseits muss die Struktur der Ausbildung laufend verbessert werden. Hier kann ich in der Ärztekammer, aber vor allem bei uns im Klinikum viel mitgestalten. Daher freut es mich sehr, dass von insgesamt acht Ausbildungszertifikaten (Ausbildung zur Allgemeinmedizin) der Ärztekammer für Oberösterreich gleich fünf an das Klinikum Wels-Grieskirchen gingen.

Zuwendungsmedizin ist Ihnen ein besonderes Anliegen . Ist der Bedarf in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen?

Ich glaube, dass der Bedarf nach Zuwendungsmedizin immer ähnlich wie heute gegeben war. Allerdings sind die Abläufe in der Medizin schneller und intensiver geworden. Es gibt deutlich mehr diagnostische Möglichkeiten als noch vor 15 Jahren. Die durchschnittliche Verweildauer im Klinikum beträgt 3,7 Tage. Der Anteil an tagesklinischen Leistungen steigt von Jahr zu Jahr deutlich. Trotz dieser Schnelllebigkeit ist es uns als Ordensklinikum ein besonderes Anliegen, mit unseren Patienten ausreichend und empathievoll zu kommunizieren und die Ängste und Sorgen ernst zu nehmen.

Auch vor dem Hintergrund der Budgetgespräche, die Sie derzeit mit den Abteilungen führen: Wie beabsichtigen Sie, die Weiterentwicklung des Klinikums voranzutreiben?

Entsprechend unserem Motto „Spitzenmedizin in vertrauensvoller Atmosphäre“ ist es wichtig, unsere Stärken und Schwerpunkte weiterzuentwickeln und auszubauen. Aber es ist natürlich auch notwendig, über den Tellerrand zu blicken und Leistungen in der Gesundheitslandschaft Oberösterreich abzustimmen. Dabei werden in den kommenden Jahren natürlich auch verstärkte Kooperationen mit anderen Spitälern und dem niedergelassenen Bereich zielführend sein.

Interview: Claudia Werner; Bild: Robert Maybach

Thomas Muhr, Dr.

Ärztlicher Leiter am Klinikum Wels-Grieskrichen

1962 in Linz geboren, wuchs Muhr in Ried im Innkreis auf und ging nach der Matura fürs Medizinstudium nach Graz. 1989 bis 1993 absolvierte er die Ausbildung zum Praktischen Arzt am Klinikum Wels-Grieskirchen und in der Landesfrauenklinik Linz. 1993 bis 1998 folgte die Ausbildung zum Facharzt für Radiologie in Wels. Ab 2001 hatte er am Klinikum, seit 2003 in der Ärztekammer für OÖ zahlreiche Funktionen inne, unter anderem als Fachgruppenobmann für Radiologie OÖ sowie als Vertreter der diagnostischen Fächer bei den Sondergebührenverhandlungen.

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