Ambulante Reha in Zeiten der Pandemie
Seit Anfang Juni können Patienten nach der Lockdown-Pause die ambulante Reha wieder in Anspruch nehmen. Daniela Gattringer, Fachärztin für physikalische Medizin, zieht Bilanz und zeigt Ideen für die Zukunft auf.
Nach einem Unfall, einer Operation oder einer Erkrankung ist oft eine weiterführende Rehabilitation notwendig, um eine nachhaltige Verbesserung der Gesundheit zu erreichen. Die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft sorgt dafür, dass der Bedarf an physikalischer Medizin und Rehabilitation signifikant steigt. Vor allem der Bereich der Nachsorge wird immer wichtiger. Aus diesem Grund wurde in der Vinzenz Gruppe vor einigen Jahren ein eigenes Ambulatorium eingerichtet, in dem ambulante Reha für Krebs- und Orthopädiepatienten angeboten wird.
Im Zuge der Ausgangsbeschränkungen zu Beginn der Coronavirus-Pandemie musste diese allerdings ausgesetzt werden. „Die mehrwöchige Pause war für Patienten, die zum Beispiel gerade eine Operation hatten, nicht ideal“, sagt Daniela Gattringer, ärztliche Leiterin des Vinzenz Ambulatoriums in Linz. Anfang Juni wurde der Betrieb unter adaptierten Bedingungen wieder aufgenommen.
Vorteile der ambulanten Reha
Eine ambulante Reha bietet neben der finanziellen Einsparung für den Kostenträger auch zahlreiche Vorteile für Patienten. Im Rahmen eines ambulanten Therapieprogrammes können Patienten zuhause wohnen und nach Möglichkeit auch wieder in den Beruf einsteigen. Während die stationäre Therapie drei Wochen dauert, werden die Patienten in der ambulanten Reha über einen sechswöchigen Zeitraum betreut.
„Bei der ambulanten Reha bleibt der Patient in seinem gewohnten Lebensumfeld und erhält eine Art praxisorientierte Gesundheitsschulung. Neben den 60 Therapieeinheiten im Rehazentrum bekommen Patienten auch ein Heimübungsprogramm für den Alltag mit und kommen so auf eine Anzahl von insgesamt 108 Stunden Reha“, erklärt Gattringer die Vorteile.
Die Therapie an zwei bis drei Tagen in der Woche lässt sich für den Patienten meist gut mit seinem Arbeitgeber vereinbaren und somit auch berufsbegleitend durchführen. „Außerdem kann er in der Arbeit beobachten, wie er mit etwaigen gesundheitlichen Einschränkungen zurechtkommt und ob Überlastungen auftreten. Die kann der Therapeut dann gleich behandeln“, sagt die Expertin für physikalische Medizin und Rehabilitation. „So kann eine wirklich nachhaltige Verbesserung des Gesundheitszustandes erreicht werden.“
Therapie unter Auflagen
Seit Anfang Juni findet die ambulante Reha am Vinzenz Ambulatorium Linz unter pandemiebedingten Auflagen statt. Neben dem Mindestabstand müssen Patienten und Therapeuten die geltenden Hygienemaßnahmen befolgen und während des gesamten Therapieprogramms einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Abgesehen von der Unterwassergymnastik können jedoch alle Angebote in vollem Umfang genutzt werden. Von einer „Reha light“ könne also nicht die Rede sein, versichert Gattringer. „Wir bieten alles an, was im Leistungsprofil gefordert ist, und von den Patienten wird das Angebot gut angenommen.“
Aufgrund der derzeit steigenden Sars-CoV-2-Neuinfektionen sind Patienten allerdings auch verunsichert, wie die Ärztin bestätigt. „Wir begegnen dieser Verunsicherung mit bestmöglicher Aufklärung und sagen den Patienten, dass trotz der getroffenen Schutzvorkehrungen ein Restrisiko bleibt. Wir führen zahlreiche Gespräche und versuchen die Dringlichkeit der Reha-Maßnahme zu ermitteln und für jeden Patienten den besten Weg und den idealen Zeitpunkt für den Therapie-Start zu wählen.“
Idee für künftige digitale Reha
Derzeit wird in der Abteilung Physikalische Medizin und Rehabilitation nach einer Möglichkeit gesucht, wie das Therapieprogramm in Zeiten verstärkter Schutzmaßnahmen digital begleitet werden kann. „Vor allem Patienten, die wir bereits betreut haben und deren gesundheitliche Probleme wir kennen, könnte man per Video therapeutisch anleiten oder einen Austausch mit dem Therapeuten via Chat anbieten“, erklärt Gattringer die Idee.
Ganz so einfach wie in der Privatwirtschaft ist es im Gesundheitsbereich allerdings nicht. „Zum einen gilt ein strenger Datenschutz, der an zahlreiche Auflagen gebunden ist, zum anderen sind nicht alle Patienten entsprechend ausgerüstet“, so die Reha-Expertin. „Das sind Ideen für die Zukunft. Eine Krise zeigt immer auf, wo Neuerungen sinnvoll sind, und wo es Bedarf für Verbesserungen gibt.“
In exakt diese Richtung geht seit kurzem die Vinzenz Gruppe mit ihrem neuen Angebot der „Ambulanz online“, zuerst in einem Pilotversuch im Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien. Michael Heinisch, Geschäftsführer der Vinzenz Gruppe erklärt: „Wir bringen mit der Ambulanz online unsere Expertinnen und Experten online per Videochat zu den Patientinnen und Patienten nach Hause. Das ist besonders für geschwächte Patientinnen und Patienten und chronisch kranke Menschen eine große Erleichterung.“
Text: Gertraud Gerst; Bild: Vinzenz Gruppe

Daniela Gattringer, Prim.a Dr.in
Leiterin des Instituts für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Ordensklinikum Linz, Barmherzigen Schwestern, sowie das Vinzenz Ambulatorium.