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Gesundheit
Österreich
16.04.2019

"Gesundheit ist für uns eine Querschnittsmaterie"

Chefredakteur Gerald Mandlbauer über den Stellenwert von Gesundheitsjournalismus bei den OÖ Nachrichten, das Verpacken von komplexen Inhalten in einfache Botschaften und die Wiederkehr des „Redaktionsdoktors“ als Antwort auf Dr. Google.

Welche Bedeutung haben Gesundheitsthemen für die OÖ Nachrichten?

Mandlbauer: Eine sehr hohe! Nicht umsonst kümmern wir uns um diese Themen in einem eigenen, gut funktionierenden Ressort „Leben Menschen Gesundheit“. Dafür verantwortlich ist ein Team von fünf, sechs Leuten unter der Leitung von Kollegin Barbara Rohrhofer. Aber letztendlich ist Gesundheit eine Querschnittsmaterie, die alle Ressorts betrifft, vom Lokalen und der Chronik bis zu Wirtschaft und Politik.

Was zeichnet guten Gesundheitsjournalismus aus?

Dass er weit mehr ist als bloß Berichterstattung, denn die allein reicht längst nicht mehr. Auch bei Gesundheitsthemen ist der Zugang heute ein völlig anderer als noch vor einigen Jahren, als es verpönt war, als Journalist selbst im Beitrag vorzukommen. Heute dagegen ist Mut gefragt, sich persönlich einzubringen und eigene Erfahrungen mit den Leserinnen und Lesern zu teilen. Aktuell denke ich da beispielsweise an einen Selbstversuch, den eine Redakteurin in Sachen Zuckerfasten unternommen hat. Natürlich spielt heute auch bei Gesundheitsthemen Geschwindigkeit eine größere Rolle, denn Print und Online sind inzwischen eins geworden.

Stichwort Internet: Sind Telefonsprechstunden wie bei den OÖ Nachrichten in Zeiten von Dr. Google nicht ein Auslaufmodell?

Keineswegs. Wir veranstalten nach wie vor Telefonstunden, und sie funktionieren super. Wir werden sogar den „Redaktionsdoktor“ wiederbringen, aber dazu möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Details verraten. Wie sehr das Thema Gesundheit unsere Leserinnen und Leser beschäftigt, zeigt auch die OÖN-Gesundheitstour, die auf eine Idee von mir zurückgeht. Diese Veranstaltungen in Krankenhäusern sind regelmäßig in kürzester Zeit ausgebucht, da kommen hunderte Menschen. Und der OÖN-Gesundheitstag im Nachrichten-Forum in Linz, samt der längsten Diagnosestraße des Landes, ist sowieso ein Besuchermagnet. Da werden wir beim nächsten Mal sogar Nummern vergeben wie im Wartezimmer.

Gesundheitsthemen sind oft sehr komplex, mitunter auch kontroversiell, etwa wenn Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Sind Journalisten da nicht manchmal überfordert?

Komplexe Themen in einfachen Botschaften zu transportieren und allgemein verständlich zu machen, ist Aufgabe jedes Journalisten. Das gilt auch für den Umgang mit kontroversiellen Themen. Auf schwieriges Terrain gelangt man dort, wo Ideologien aufeinanderprallen, etwa beim Thema Impfen. Grundsätzlich gilt auch da: Je mehr es in Richtung Esoterik geht, umso höher ist die Bereitschaft, an Unwahrheiten und Vorurteile zu glauben. Aber wir sind bestrebt, als Kinder der Aufklärung die Dinge rational anzugehen und möglichst keine Fehler zu machen. Das ist auch eine Frage von Glaubwürdigkeit und Verantwortung.

Was ärgert Gesundheitsjournalisten bei Ihrer Arbeit?

Wenn Akteure im Gesundheitssystem Medienarbeit als Wettlauf um Botschaften verstehen. Oder wenn zum Beispiel versucht wird, eine simple Standard-OP als große Innovation zu „verkaufen“. Man hat heute schon den Eindruck, dass Presseinformationen und Pressegespräche überhandnehmen, und es ist eine Tatsache, dass Redaktionen gegenüber PR-Stäben oft in der Unterzahl sind.

Was sind für Sie die wichtigsten Aufgaben von Gesundheitsjournalismus?

Job einer Qualitätszeitung ist es auch beim Thema Gesundheit, über Hintergründe aufzuklären, Zusammenhänge darzustellen, aber auch manche Einstellungen zu hinterfragen und Verhaltensänderungen anzuregen. Da haben Medien schon viel erreicht, etwa beim Ernährungsbewusstsein. Wobei gerade dieses Thema zeigt, dass es Auswüchse gibt, auf die wir ebenso achten müssen. Wichtigster Treibstoff für uns bei den OÖ. Nachrichten ist auch im Gesundheitsbereich die lokale Nachricht. Wir haben nur wenig Berührungspunkte mit großen Pharmakonzernen, aber umso mehr mit Ärzten, Krankenhäusern und vielen anderen Ansprechpartnern im oberösterreichischen Gesundheitswesen.

Interview: Josef Haslinger; Bilder:

Gerald Mandlbauer, Mag.

Chefredakteur

Gerald Mandlbauer ist seit 2003 Chefredakteur der OÖ Nachrichten

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