„Der Patient steht im Mittelpunkt – nicht der Euro“
Was Trägervielfalt für sie bedeutet, wie sie zur Abgangsdeckung steht und was sie an „ihrem“ Bundesland Oberösterreich schätzt, erklärt Landeshauptmann-Stellvertreterin Mag. Christine Haberlander im Interview.
Ingo ist eine Plattform des Miteinanders der Träger. Was bedeutet für Sie das Miteinander?
Haberlander: Keine Institution oder keine Einzelperson kann die Herausforderungen im Gesundheitsbereich alleine bewältigen. Dazu braucht es immer ein partnerschaftliches Miteinander. In Oberösterreich sehen wir auf unterschiedlichen Ebenen wie etwa im Krankenhausbereich, wo wir unterschiedliche Träger haben, die im Eigentum des Landes, der Stadt Linz oder auch in Trägerschaft der Orden sind, wie gut das funktioniert. Ich bekenne mich eindeutig zur Trägervielfalt, insbesondere auch zu den Orden in Oberösterreich, freue mich aber auch über das wachsende Miteinander. Da denke ich etwa an das Tumorzentrum als Zusammenschluss mehrerer Spitäler, wo sich Träger auf eine institutionalisierte Kooperation einlassen. Das zeigt, dass man im Miteinander deutlich mehr bewältigen und erreichen kann, als würde man es auf sich alleine gestellt probieren. Das gilt genauso für die Zusammenarbeit zwischen intra- und extramuralem Bereich, wo wir ebenso einen guten Weg des Miteinanders gehen.
Sie haben die Ordensspitäler erwähnt, diese wünschen sich eine gesetzliche Absicherung im Krankenanstaltengesetz (KAG). Der Wunsch basiert auf einer IHS-Studie, die belegt, dass Länder mit verschiedenen Trägertypen eine hohe Patientenzufriedenheit und große Innovationsdynamik haben. Ist das denkbar?
Bei der Diskussion habe ich mich dagegen ausgesprochen, weil ich glaube, dass das für Oberösterreich nicht notwendig ist. Wir haben eine gelebte Partnerschaft, und der aktuelle Rechtsrahmen reicht aus, damit Beständigkeit gegeben ist.
Angesprochen wurde außerdem eine Transparenzoffensive: leistungsgerechte, nachvollziehbare und transparente Finanzierung des stationären und ambulanten Krankenhausbereichs sowie des niedergelassenen Sektors.
Transparenz ist grundsätzlich formal gegeben, weil es sich um öffentliche Gelder handelt. Es ist nachvollziehbar, woher die Summen kommen: aus den im Landtag beschlossenen Budgets, auch jene von Seiten des Bundes. Es gibt da nirgendwo intransparente Zahlungsflüsse, das möchte ich klar und deutlich sagen. Aber natürlich ist es ein sehr komplexes System, wo sich die Frage stellt, ob man nicht an der einen oder anderen Stellschraube drehen sollte, um ein einfacheres Finanzierungssystem zu erhalten. Die Steuerungskompetenz muss aber beim Land sein. Das zweite, Transparenz im Sinne von Leistungsqualität, wird ebenfalls oft diskutiert. Man sollte aber sehr sensibel mit den Daten umgehen, die so aufbereitet werden müssen, dass die User diese Daten richtig verstehen und anwenden können.

Was halten Sie von Innovationsparagrafen, mit denen Prototypen schneller entwickelt werden können?
Es gibt einen reservierten Topf für Innovationen bei seltenen Erkrankungen zum Beispiel – etwas, was auch im Bund diskutiert wird. Ich bekenne mich grundsätzlich zum Abgangsfinanzierungssystem, das aus meiner Sicht auch die Möglichkeit bietet, innovative medizinische Wege zu gehen.
Innovative Modelle mit Krankheitsbild-orientierter Struktur stehen derzeit einer sehr starren Krankenhaus-Organisation nach Abteilungen gegenüber.
Indem sich Zugänge zur Behandlung weiterentwickeln, wird sich auch die Struktur weiterentwickeln. Das geht Hand in Hand, und das sollte sich in der Organisation abbilden, braucht aber natürlich auch Zeit. Der Zugang ist für die PatientInnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus überlegenswert, die Strukturen müssen dem etwas nachhopsen.
Das Gesundheitsbudget wächst vergleichsweise am stärksten, und zwar um 50 Millionen Euro oder 5,1 Prozentpunkte auf 1,017 Milliarden Euro für 2019. Der größte Anteil entfällt mit 851,7 Millionen Euro auf die aus Landes- und Gemeindebeiträgen finanzierten Spitäler. Sie stehen nach wie vor zur Abgangsdeckungsregelung?
Das Gesundheitsbudget steigt natürlich, weil das medizinische Leistungsspektrum laufend erweitert wird, innovative Medikamente und neue Therapien auf den Markt kommen und die demografischen Entwicklung eine intensivere Versorgung für immer älter werdende Menschen notwendig macht. Die Abgangsdeckung ist eine Finanzierungsmöglichkeit, a) zu der ich mich weiterhin bekenne und b) die die Versorgung in allen Regionen in einer guten Qualität sichert. Damit müssen sich MedizinerInnen nicht überlegen, ob das nun eine Leistung ist, die weniger Punkte bringt oder risikobehaftet ist. Es geht vielmehr um den Patienten, dem geholfen werden soll, unabhängig von der Finanzierung. Der Patient steht im Mittelpunkt, nicht der Euro. Es kommt zu keinem Rosinenpicken und keinem Abschieben des Risikos. Das sichert speziell in einem Flächenbundesland die Versorgung mit hoher Qualität.
Hat Oberösterreich also in vielen Bereichen die besseren Karten?
Im Krankenhausbereich sehen wir es, wo wir diese Trägervielfalt im Miteinander leben, die natürlich über die Jahre immer intensiver wird, auch weil sich die Verantwortlichen sehr viel Zeit dafür nehmen, in diese Kooperationen zu investieren. In der Zusammenarbeit zwischen Land OÖ und OÖ Gebietskrankenkasse haben wir tatsächlich Vorzeigeprojekte auf den Weg gebracht, das bestätigen mir die Gesundheitsreferenten der anderen Länder. Das ist ein Oberösterreich-Spezifikum.
Interview: Claudia Werner; Bilder: Celia Ritzberger, Weber