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Gesundheit
Österreich
24.08.2020

Mit Technologie und Kooperationswillen zur Top-Ausbildung

Digitalisierung, High-Tech-Ausstattung und engagierte Lehrende machen die Gesundheits- und Krankenpflegeschule des Vinzentinums Ried zu einer hochmodernen Ausbildungsstätte, die selbst coronabedingten Widrigkeiten gewachsen ist. Allem voran steht das Bestreben, das theoretisch Gelernte bestmöglich in pflegerische Handlungskompetenz umzusetzen, erzählt Direktor Michael Pagani im Gespräch mit INGO.

Auch Schuldirektoren stellt die Coronakrise vor Herausforderungen. Speziell wenn es um eine so praxislastige Ausbildung wie die Gesundheits- und Krankenpflege geht. „Da niemand weiß, wie es mit der Pandemie weitergehen wird, haben wir uns sowohl für den Präsenz- als auch für den Online-Unterricht bestens gerüstet“, zeigt sich Michael Pagani zuversichtlich, die Auszubildenden an seinem Haus ohne große Qualitätseinbußen durch das Herbst-Winter-Semester zu bringen. Pagani ist Direktor der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege in Ried im Innkreis. Unter deren Dach – und Tür an Tür mit dem Schwerpunktkrankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried – befinden sich die Pflegefachassistenzausbildung des Vinzentinums Ried und der Bachelor-Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege der FH Gesundheitsberufe OÖ GmbH. 

Optimistisch stimmt den Schulleiter vor allem die Tatsache, dass die Ausbildungsstätte während des vergangenen Lockdowns im Handumdrehen auf Online-Unterricht umgestellt werden konnte. „Das liegt daran, dass wir digital hervorragend ausgestattet sind und das Konferenz-Tool MS Teams bereits im Haus hatten“, erzählt Pagani. „Innerhalb weniger Tage hatten wir es für den Unterricht adaptiert.“ Solchermaßen vernetzt, trafen sich die Klassen fortan online. Kommuniziert wurde aber auch über schon bewährte Online-Tools wie die Lernplattform Moodle, wo sich Unterrichtsmaterialien, Arbeitsaufträge und erledigte Aufgaben hochladen lassen. Lehrende verlinkten außerdem fachlich wichtige Filme, die sie sonst vor Ort gezeigt hätten, und Publikationen aus der reichhaltigen medizinischen Bibliothek der Vinzenz Gruppe. Davor war die Plattform den Studierenden besonders bei Auslandspraktika zugutegekommen, um aus der Ferne Kontakt mit ihren Lehrenden in Ried zu halten. Nun wurden Kursmanagementsysteme wie dieses eben verstärkt im Alltag genutzt. 

„Mit Injektionen haben wir allerdings gewartet, bis unsere Auszubildenden wieder in Kleingruppen zurück in die Schule durften“, schmunzelt Michael Pagani, Direktor des Vinzentinums Ried.

„Nichtsdestotrotz mussten unsere Lehrenden bei manchen Inhalten ziemlich kreativ werden“, so Pagani im Rückblick auf die außergewöhnlichen Wochen. „Denn dass sich theoretische Fächer wie Anatomie, Pathologie oder Physiologie auf diese Weise gut vermitteln lassen, leuchtet ein. Aber bei uns geht es ja auch um Kompetenzen wie beispielsweise Pulsfühlen oder Blutdruckmessen.“ Dafür zogen die Dozentinnen und Dozenten kurzerhand ihre Ehepartner heran, machten Videos davon und schickten sie ihren Studierenden. Diese übten das Vorgezeigte auf ähnliche Weise und luden ihrerseits Filmchen hoch. Diskutiert wurde das Ganze dann im virtuellen Klassenzimmer. „Mit Injektionen haben wir allerdings gewartet, bis unsere Auszubildenden wieder in Kleingruppen zurück in die Schule durften“, schmunzelt Pagani. 

Neue Wege in der Ausbildung

Das Besondere an den beiden ihm unterstellten Ausbildungen in Ried sei die Kombination aus High Tech und Digitalisierung auf der einen Seite und außerordentlich motivierten Lehrenden auf der anderen Seite, erklärt er. „Die dadurch entstehenden Vorteile haben wir nicht nur in der Zeit der krisenbedingten Einschränkungen nutzen können, sie haben auch zu wegweisenden Erneuerungen beim Theorie-Praxis-Transfer geführt.“ Denn selbstverständlich besitze die Gesundheits- und Krankenpflegeschule Ried einen so genannten „dritten Lernort“. So bezeichnet man die aktuell immer mehr an Bedeutung gewinnenden Demonstrations- und Simulationsräume, in denen Auszubildende in der Gesundheits- und Krankenpflege das theoretisch Gelernte üben können, bevor es tatsächlich in die Praxis geht. Und hier hat das Vinzentinum eben noch ein Plus zu bieten: „Seit etwa einem Jahr unterstützen uns die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern auch in unseren Simulationsräumen“, berichtet Pagani. „Sie haben sich diesbezüglich sehr engagiert, darum konnten wir zusammen mit ihnen dieses kombinierte System entwickeln. Und das ist momentan sicherlich noch ein Alleinstellungsmerkmal.“

Praxisanleiter sind pädagogisch-didaktisch ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegekräfte oder Pflegeexperten, die die Schülerinnen und Schüler während ihrer Praxismodule im Spital betreuen und auch bei Prüfungen mitwirken. „Ihre ergänzende Unterweisungsmethode stärkt deren Fähigkeit, die beruflichen Aufgaben eigenständig wahrzunehmen.“ In Ried bereiten sie ihre Schützlinge schon seit einigen Jahren einen Tag lang umfassend vor, bevor diese unter ihrer Ägide auf die Station kommen. „Aber dadurch, dass die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter jetzt auch fix bei bestimmten medizinischen Themen in unseren Simulationsräumen mit dabei sind, können wir die Praxiskomptenzen der Auszubildenden noch zielgerichteter fördern.“

Intensives High-Tech-Training in geschütztem Raum

Die beiden Simulationsräume mit je vier Betten erfüllen den Schulleiter nicht ohne Grund mit Stolz. Sie befinden sich in stillgelegten Stationsräumlichkeiten des Krankenhauses und besitzen nicht nur mehrere so genannte Skills-Trainer – also lebensgroße Puppen, an denen man beispielsweise üben kann, Harnkatheter oder Magensonden zu legen – sondern auch zwei Nursing-AnneTM-Simulatoren des Herstellers Laerdal. „Nicht jede Schule ist so top ausgestattet“, versichert Pagani.

"Nicht jede Schule ist so top ausgestattet", bemerkt Pagani stolz.

Fast wie echte Frauen wirken die beiden künstlichen Annes in ihren Krankenbetten. Sie können die Augen bewegen, ihr Brustkorb hebt und senkt sich, man kann ihr Herz klopfen und ihre Magengeräusche hören, sogar ihre Haut fühlt sich lebensecht an. Kurzum: Diese Simulatoren „spielen alle Stückeln“. Sie reagieren realistisch, wenn Schülerinnen oder Schüler ihnen eine Sauerstoffkanüle anlegen, ihre Ohren spülen, einen Endotrachealtubus absaugen, eine Herzmassage durchführen, Venen punktieren, ein Stoma wechseln oder einen Portkatheter legen. Dass sie ab und zu ein gequältes „Au“ von sich geben, wenn man sie beim Wechseln eines Verbands zu grob anfasst, verwundert da gar nicht mehr. All das tut eine solche Anne aber natürlich nicht von selbst, sondern ein Lehrender steuert sämtliche Vorgänge mit dem dazugehörigen SimPadTM. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes Computerprogramm mit jeder Menge erweiterbarer Features. „Nursing AnneTM ist der Rolls-Royce unter den Simulatoren“, lächelt Pagani. „Und den Studierenden gibt es Sicherheit, wenn sie Krankenpflegetechniken und auch invasive Methoden in einem solchen Setting üben können, bevor sie sich an einen echten Patienten oder eine echte Patientin wagen.“ Die Kombination aus High Tech unter der Aufsicht von Lehrenden und dem fachlichen Beistand von Praxisanleitern bilde ein optimales Trainingsumfeld, so Pagani. 

Als promoviertem Medizinwissenschaftler und ausgebildetem Gesundheits- und Krankenpfleger ist es Pagani wichtig, technisch und pädagogisch stets auf dem neuesten Stand zu sein. „Den Innovationsgedanken haben die Schulen des Vinzentinums schon immer hochgehalten“, unterstreicht er. „Wir waren 2014 die Ersten in Oberösterreich, die ein FH-Bachelorstudium in Gesundheits- und Krankenpflege oder Pflege angeboten haben. Es ist also nur logisch, dass wir auch in der Methodik dem Fortschritt zugeneigt sind.“ In Ried gibt es 40 Plätze für das dreijährige Bachelorstudium und 25 Plätze für den zweijährigen Lehrgang für Pflegefachassistenz. Der Hintergrund der Auszubildenden sei breit gestreut, verdeutlicht Pagani. „Zu uns kommen Frauen und Männer zwischen 17 und 50 Jahren. Neben den Jugendlichen haben wir nicht wenige Erwachsene, etwa im Zuge des zweiten Bildungswegs, und manche nutzen die Chance, sich nach einer einjährigen Pflegeassistenzausbildung für die Pflegefachassistenz weiterzuqualifizieren.“ Dabei werde der erste Lehrgang nämlich zeitlich angerechnet. „Hervorzuheben ist außerdem, dass der Studienzugang auch ohne Matura möglich ist und von der Pflegeassistenz bis zum Studium eine Durchlässigkeit besteht.“

Gerade wegen der Heterogenität der angehenden Pflegefachassistentinnen und -assistenten und der Bachelorstudierenden behalte er grundsätzlich im Auge, wie man die Abläufe an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Ried laufend verbessern könne, sagt Pagani. „Die Coronakrise hat uns die Vorteile der Digitalisierung und unseres Equipments wieder deutlich vor Augen geführt. Es lohnt sich aber auch, darüber nachzudenken, wie unsere Auszubildenden darüber hinaus davon profitieren könnten. Schülerinnen mit Familie oder Alleinerzieherinnen zum Beispiel könnte ein noch weiter ausgebautes E-Learning-System auch sonst Erleichterungen bringen.“ 

Text: Uschi Sorz; Bilder: Hirnschrodt/KH BHS Ried; Christian Jungwirth|KH BHS Ried

Michael Pagani, Mag. Dr.

Direktor des Vinzentinums Ried

Nach der Ausbildung zum Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger in Linz und der Sonderausbildung Intensivpflege absolvierte Pagani das Studium der Pflegewissenschaft an der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) in Hall in Tirol, wo er anschließend als Universitätsassistent tätig war. Als erster Pflegewissenschaftler wurde er zum Doktoratsstudium der medizinischen Wissenschaften an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) Salzburg zugelassen, das er 2017 summa cum laude abschloss. Seit 2011 ist Pagani Direktor des Vinzentinums Ried im Innkreis, seit 2014 Standort-Studiengangsleiter des Bachelorstudiengangs Gesundheits- und Krankenpflege der FH Campus Wien und seit Herbst 2018 auch Regionalleiter Innviertel des Studiengangs Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Gesundheitsberufe OÖ.

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