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Gesundheit
Österreich
10.07.2024

Für Sie gelesen: „Jetzt reden wir!“

Wie Frauen das Gesundheitssystem neu denken. Wer wissen will, wie ein faires Gesundheitswesen funktionieren kann, muss jenen zuhören, die das System am Laufen halten: Frauen. Für ihr neues Buch haben Susanne Erkens-Reck, Evelyn Holley-Spiess und Katrin Grabner genau das gemacht und zeigen enorme Defizite, aber auch Fortschritte und wichtige Zukunftsstrategien auf.

Rund 80 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen sind Frauen. Reformen im System tragen aber nach wie vor eine männliche Handschrift – denn es sind Männer, die überwiegend in Entscheidungspositionen sitzen. Bei Gesundheitsreformen geht es meist um Kosten, um Bettenzahlen in Krankenhäusern, die – selten genderspezifisch analysierte – Ausprägung der verschiedenen Krankheiten und einiges mehr. Die Situation der Beschäftigten, die Arbeitswelt insgesamt, die nach wie vor eine teils erhebliche Schieflage zwischen den Geschlechtern aufweist, wird kaum beleuchtet. Das zeigt das neue Buch „Jetzt reden wir! Wie Frauen das Gesundheitssystem neu denken“, für das die Autorinnen Susanne Erkens-Reck, Evelyn Holley-Spiess und Katrin Grabner 17 Expertinnen aus dem Gesundheitswesen interviewt haben. Jede von ihnen bietet wertvolle Einblicke in ihre beruflichen und persönlichen Erfahrungen, die nicht nur die Probleme aufzeigen, sondern auch Lösungsansätze präsentieren. Besonders hervorzuheben ist die Vielfalt der Perspektiven, die dem Buch eine besondere Tiefe und Authentizität verleiht – ebenso wie die Ergebnisse einer Umfrage unter weiteren 100 Frauen aus dem Gesundheitswesen.

Ein wichtiges Fazit: Der Gender Gap betrifft die Gehaltssituation genauso wie die medizinische Versorgung. Eine umfassende Strategie zur Gender Medizin fehlt nach wie vor. Und wir brauchen mehr Frauen als Entscheider*innen im Gesundheitssystem. „Es ist eine unhaltbare Verschwendung von Talent, Können und Perspektiven“, schreiben die Autorinnen.  „Das österreichische Gesundheitswesen braucht das Leadership von Frauen, um Probleme zu lösen und um weiterhin eines der besten Systeme der Welt zu bleiben – oder noch besser zu werden.“

Frauen und ihre Bedürfnisse wurden und werden bisher in der Gesundheitsversorgung zu wenig beachtet und zu wenig verstanden. Ihre Unterrepräsentation in Forschung und Politik hat über Jahrzehnte zu blinden Flecken und zu Ungleichheiten bei der Behandlung, Pflege und dem Zugang zur Gesundheitsversorgung geführt. Die Konsequenzen dieser Versäumnisse sind gravierend: Frauen haben einen deutlich geringeren Anteil an gesunden Lebensjahren.

 „Jetzt reden wir“ holt Frauen auf die Bühne, die viel Interessantes zu sagen haben. Es ist ein Buch, das eine sehr wichtige Lücke füllt im gesundheitspolitischen Diskurs, weil es die Position der Frauen einnimmt, einbringt und beleuchtet: Der Frauen als Patient*innen, als Mitarbeiter*innen, als Entscheider*innen im Gesundheitswesen. „Es ist höchst an der Zeit, einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung von und durch Frauen anzustoßen“ schreiben die Autor*innen. Dazu kann dieses Buch gewiss beitragen – denn es ist ein kraftvoller Weckruf und eine ermutigende Sammlung von Stimmen, die oft überhört werden. Das Buch ist nicht nur eine Analyse des Status quo, sondern auch ein Aufruf zum Handeln. Es fordert auch die Leser*innen und Leser auf, sich aktiv für Veränderungen einzusetzen und die Gesundheitspolitik mitzugestalten. Die Autorinnen machen Mut, indem sie aufzeigen, dass bereits viele Frauen erfolgreich Veränderungen anstoßen. Eine wichtige Lektüre für alle, denen eine gerechte und effiziente Gesundheitsversorgung ein Anliegen ist. 

Foto: v.l.n.r. Katrin Grabner, Susanne Erkens-Reck, Evelyn Holley-Spiess ©Richard Tanzer

Susanne Erkens-Reck, Evelyn Holley-Spiess, Katrin Grabner: JETZT REDEN WIR! Wie Frauen das Gesundheitssystem neu denken. ISBN: 978-3-9505385-3-3, 176 Seiten, 29,90 €,  www.ampuls-verlag.at

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