Für Sie gelesen: Dem Krebs auf der Spur
Leseempfehlung für das neue Buch von Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski und Dr. Herbert Lackner.
Es ist ein schmales, aber inhaltsreiches Buch, das der bekannte Onkologe Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski und der Journalist und Autor Dr. Herbert Lackner jetzt vorgelegt haben. Inhaltsreichtum und klarer Stil zeigen, dass jeder das Seine beigetragen hat zu „Dem Krebs auf der Spur – die Erfolgsgeschichte der Krebsforschung“.
Wir erfahren zunächst auf einigen Dutzend Seiten vom ältesten je entdeckten Krebsopfer und von tödlichen Versuchen, Brustkrebs durch Kauterisierung zu entfernen (Ägypten, 2400 Jahre vor unserer Zeitrechnung). Dann arbeiten sich Zielinski und Lackner durch Jahrtausende von Versuch und tödlichem Irrtum bis ins 19. Jahrhundert – als der deutsche Pathologe Rudolf Virchow zum ersten Mal darüber sprach, dass Krebs durch „Fehler“ in Zellen hervorgerufen würde. Mehr noch: diese fehlerhaften Zellen würden aus anderen Zellen hervorgehen; sie verbreiteten sich ungebremst zu malignen Tumoren. Reinlichkeit im Operationssaal und Anästhesie ermöglichten in dieser Zeit die ersten chirurgischen Erfolge in der Krebstherapie. Mit Röntgenstrahlen konnten Krebsgewebe lokalisiert werden.
Damit eröffnen Zielinski und Lackner den zweiten großen Teil ihres Buches: Es geht um die 1940er-Jahre: Mit Senfgas versuchen amerikanische Ärzt*innen, einen Patienten mit fortgeschrittenem Lymphknotenkrebs zu heilen. Damit beginnt die große Zeit der Chemotherapie. Eine Therapieform, die heute langsam in den Hintergrund tritt. An ihre Stelle treten Immuntherapie, Impfungen und bessere Medikamente für immer kleinere Patient*innengruppen. Zielinski und Lackner erinnern an große therapeutische Erfolge: Das maligne Melanom ist in vielen Fällen zu einer behandelbaren Krankheit geworden.
Etwa in der Mitte des Buches folgt die Beschreibung einer der größten Entdeckungen in der Krebsforschung: Es gibt nicht den einen Krebs – es existieren viele Krebse gemeinsam in einem Krebskranken. Spezielle Medikamente adressieren diagnostizierte Unterformen jeder Krebsart. Der Ausblick: Immer öfter wird ein Krebsleiden zu einer behandelbaren Krankheit – heute schon, und mit künstlicher Intelligenz in der Diagnose immer mehr. Aber wird es jemals eine Universalimpfung gegen Krebs geben? Hier verweisen die Autoren darauf, dass mRNA-Impfstoffe in Zukunft ganz individuell auf die jeweiligen Patient*innen und ihren Tumor zugeschnitten werden könnten. Es werde zwar steigende Erkrankungszahlen geben, aber die Sterblichkeit werde zurück gehen.
Den beiden Autoren geht es aber nicht nur darum, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Krebstherapien zu beschreiben. Sie widmen sich auch der Frage der individuellen Krebsprävention, wobei es nicht bei Ratschlägen bleibt. Es wird auch darauf verwiesen, dass Krebs durchaus ungleich verteilt ist – in ärmeren Gegenden tritt er weit öfter auf als in wohlhabenden.
Am Ende des Buches steht ein berührendes Eingeständnis von Christoph Zielinski: „Es ist kein Beruf, bei dem man einfach nach Hause geht, sich die Hände wäscht und mit den Kindern spielt.“ Diese Worte unterstreichen die immense Verantwortung und das Engagement, mit dem weltweit Tausende von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern tagtäglich daran arbeiten, die Entstehung und das Wachstum von Krebs besser zu verstehen und ihn letztlich zu besiegen.
Christoph Zielinski, Herbert Lackner: Dem Krebs auf der Spur – Die Erfolgsgeschichte der Krebsforschung. Ueberreuter Verlag Wien 2024, € 25,00.
Text: Josef Broukal
Foto: Carl Ueberreuter Verlag
